The Healing Road
Es war einmal ein ein begeisterter Progressive-Rock-Liebhaber. Dieser lebte ausschließlich als "Musik-Konsument" und erfreute sich der tollen Einfälle von Bands wie Rush, Genesis oder Spock's Beard, ans selbst Musizieren dachte er aber nicht. Bis er eines Tages einen Mac Mini sein Eigen nannte und er eine kleine Musiksoftware entdeckte, die ihn dazu animierte, seine eingeschlafene Klavierausbildung zu reaktivieren. Von da an ging alles wie im Zeitraffer. Stück um Stück stellte er fertig, präsentierte es im Forum von "The Bearded" einem begeisterten Publikum und verfeinerte seine Künste immer weiter. Nach nicht einmal zwei Jahren war die Zeit gekommen, ein Album zu veröffentlichen: "The Healing Road".
Album Nummer 1: The Healing Road
Was wie ein Märchen klingt ist so passiert und das Ergebnis liegt nun vor mir. Und was für eines! Das Werk, das Hanspeter Hess hier fabriziert hat, ist höchst beachtlich. Was als Hobbyproduktion im heimischen Wohnzimmer entstanden ist wirkt unglaublich ausgereift und professionell. Klar gibt es die ein oder andere Macke, aber die muss man mit der Lupe suchen und kleine Schwächen haben auch große Studioproduktionen und machen irgendwie sympathisch. Aber der Reihe nach: die CD hat eine Laufzeit von rund 60 Minuten und umfasst zehn Titel, die ich im Folgenden kurz rezensieren möchte:
Turbulences: der Opener überzeugt mit einem äußerst gelungenen Intro und zeigt die ganze Bandbreite von Hans' Können: atmosphärische Teile wechseln sich mit reinen Pianopassagen und bombastisch rockenden Sequenzen ab. Ein prima Beginn!
Southern Destination: ein reines Klavierstück, bei dem ich immer unwillkürlich an einen Sommerregen denken muss, der vor Freude auf der Terrasse auf und ab hüpft (bzw. auf einem Campingwagendach), was dem Titel nach vielleicht gar nicht beabsichtigt ist. Auf jeden Fall erfrischend und beachtlich eingespielt.
Viadukt: der meditativ angehauchte Beginn führt direkt zu einem toll gespielten Gitarrensolo.
Crovenia: sicher das zentrale Stück der CD - hier ist Hans ein kleines Meisterwerk gelungen. Der Titel beschreibt die Urlaube in Kroatien und Slowenien und greift verschiedene Themen auf. Besonders gelungen ist dabei die Umsetzung einer Tropfsteinhöhle, in die man sich hineinversetzt fühlt. Sehr abwechslungsreicher Titel, meisterlich veredelt von Roland und Kai. Toll auch, wie sich die ersten Titel wie ein Puzzle zusammenfügen. Ich weiss nicht, ob es beabsichtigt ist oder nicht, aber ich stelle mir nach "Turbulences" zu Hause eine Fahrt mit "Southern Destination" an einem "Viadukt" vorbei Richtung "Crovenia" vor. :-)
Guess This Town's Seen Better Days: harte Konkurrenz für Crovenia! Der Titel geht mir seit Tagen nicht mehr aus dem Ohr, ebenfalls ganz großes Kino. Toller Spannungsbogen mit schöner Melodie!
Audacity: sehr proggiger Titel, Hans fliegt von oben nach unten nach oben über die Tasten. Nach dieser Achterbahnfahrt braucht man eine Pause und die kommt in Form der
Espresso Bar: der einzige Titel mit Gesang, beigesteuert von Tommy von Projection. Der melancholische Text ist musikalisch perfekt umgesetzt. Warme Melodien, erinnert mich stimmungsmäßig ein wenig an die Herren von Blackfield. Eine wahre Perle.
Mrs Burns: rockt kräftig die Bude. So heisst Martha also mit Nachnamen! :-) Irgendwie abgefahren und einfach cool. Musste mich erst ein wenig einhören, weils schon ein wenig schräg ist, aber jetzt liebe ich das Teil einfach. Das ist Prog! So ein ähnliches Gefühl hatte ich zuletzt bei Spock's Beard's "Game Face".
Antequera: eine schöne Pianonummer. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
The Healing Road: man spürt die schmerzvollen Erlebnisse auf den "Healing Roads" des Lebens in der Musik. Ein nachdenklicher Titel zum Abschluss.
Wie man sieht bin ich begeistert. Auch wenn man den persönlichen The Bearded-Sympathiebonus abzieht und die Scheibe nüchtern betrachtet ist da jede Menge Klasse drin. Ich bin mir sicher, dass dieses Debüt nicht das Letzte gewesen sein wird, was wir musikalisch von Hans hören werden. Diese Platte sprüht nur so vor Tatendrang und guten Ideen. Der CD hört man die klassische Klavierschule an, was ich als sehr positiv empfinde. Kombiniert mit einigen rockigen Zutaten aus der Welt des Progressive Rock kommt das richtig gut. Das Cover ist ebenfalls sehr schick geworden, aber da war mit Matthias auch ein Profi am Werk. Genau wie bei Thommys Platte kann ich nur sagen: Hut ab! Da kannste stolz drauf sein, Hans!
Album Nummer 2: Timanfaya
Kaum ein Jahr später liegt schon der zweite Streich von Hans a.k.a. The Healing Road vor mir und wartet darauf "zerissen" zu werden: Timanfaya. Wie der Titel bereits vermuten lässt, handelt es sich um ein Konzeptalbum über die spanische Insel Lanzarote.
Fangen wir mit der Verpackung an. Matthias hat aus den stimmungsvollen Bildern von Herbert Wanderer, der einige seiner Aquarelle zur Verfügung gestellt hat, ein schmuckes Gesamtpaket gezaubert, das sich hinter professionellen Produktionen nicht zu verstecken braucht. Hans' Kommentare zu den einzelnen Songs liefern einige interessante Hintergrundinformationen, was in den einzelnen - übrigens rein instrumentalen - Songs vertont wird.
Die Reise über die Insel beginnt mit dem Landeanflug auf Lanzarote, das vom Flugzeug aus wie Devil's Garden erscheint. Später besuchen wir die Cueva de los Verdes (die grüne Höhle), Los Hervideros, wo sich die Wellen des Ozeans brechen, das Vulkangebirge und ein von Cesar Manrique erbautes Café. Musikalisch hat sich Hans, der wie immer die Keyboards, das Sonwriting und vieles mehr übernommen hat, einige Mitmusiker an Board geholt, die ihren Teil zur Vielseitigkeit des Albums beigetragen haben und Timafaya spürbar guttun. Die Musik bewegt sich im Fahrwasser von Yes oder Rick Wakeman, bleibt aber wie eingangs angesprochen immer instrumental. Die Produktion wirkt sehr druckvoll, die Arrangements sehr ausgefeilt. Es knallt und kracht aus den Boxen, was das Zeug hält und dennoch hat Hans die schönen Melodien, die schon das erste Werk ausgezeichnet haben, nicht vergessen. Wie überhaupt das Album sehr abwechslungsreich ausgefallen ist: einige Stücke (The Green Caves, Crater Camels) wirken zum Beispiel meditativ. Besonders die Melodie von Crater Camels hat hier einiges Ohrwurmpotential. Herauszuheben ist sicher auch Fire Mountains das mit einem irrwitzigen Riff startet, das einen gleich mitzureißen weiß. Auch die Gitarrenarbeit darf lobend erwähnt werden, aber da hat Hans ja auch einige Profis ans Werk gelassen. Gelohnt hat es sich auch echte Drums einzubauen und das Album von einem Profi (Andy Horn) mixen zu lassen. Das hört man dem Endergebnis wirklich an!
Wer Interesse hat - ich kann Timanfaya jedem Prog-Rock-Fan wärmstens ans Herz legen. Es kostet 15 Euro - davon geht jedoch ein Euro an die Kinderhilfe Afghanistan und das Porto ist auch schon drin. Zugreifen!
Album Nummer 3: Tales From The Dam
Knapp ein Jahr nach 'Timanfaya' erblickte 'Tales From The Dam' das Licht der Welt - dieses Mal auf Vinyl!
 
band
Genre:
Progressive Rock
Zeitrahmen:
2005 - heute
Bandmitglieder:
Hanspeter Hess und der ein oder andere The Bearded Gastmusiker
Albentipps:
Timanfaya, aber auch The Healing Road ist klasse!
Foto: ©2007 Hanspeter Hess.
Text: © Michael Hanselmann, letzte Änderung: 19.02.08.