Neal Morse
Spock's Beard, Transatlantic, Yellow Matter Custard - Neal Morse hat und hatte schon bei vielen musikalischen Großtaten seine Finger im Spiel. Um bei der Anatomie zu bleiben: er hat einfach ein Händchen für schöne Melodien und ein Gespür dafür, wie man sowohl kurze Songs als auch 30-Minütige Epen abwechslungsreich und doch homogen gestaltet. Geboren wurde der Kalifornier 1960 als Sohn eines Chorleiters und kam so schon früh zur Musik. Auch seine beiden Brüder Al und Richard sind Musiker. Nach einigen erfolglosen Jahren als Solokünstler, Sänger und Texter in Amerika zog es ihn nach Europa, wo er sein Geld als Straßenmusiker in kleinen Clubs verdiente. Das offizielle Bootleg 'Two Seperate Gorillas - Live in Europe' erinnert an diese Zeit, auch wenn es etwas später aufgenommen wurde.
Gemeinsam mit seinem Bruder Al gründete Neal Morse 1992 die Progressive-Rock-Band Spock's Beard. Bereits deren Debütalbum 'The Light' wurde in der Fachpresse hoch gelobt, stilistisch orientierte es sich an den frühen Werken von Genesis oder Yes. Gemeinsam mit der Band veröffentlichte Morse sechs klasse Alben, nebenbei war er auch Solo im Popbereich aktiv ('Neal Morse', 'It's Not Too Late') und war der führende Kopf der 'Allstar-Band' Transatlantic.
Nach der Veröffentlichung von 'Snow', dem sechsten Album von Spock's Beard, gab Morse seinen Ausstieg bekannt und trat auch bei Transatlantic aus. Als Grund gab er seinen Glauben an; Gott habe andere Pläne mit ihm. Dennoch blieb er dem Progressive Rock treu. Mit 'Testimony' veröffentlichte er bereits ein Jahr später sein bislang persönlichstes Album. Es erzählt seine Lebensgeschichte und seinen Weg zum christlichen Glauben. Als Schlagzeuger konnte Morse seinen alten Freund Mike Portnoy gewinnen, der ihn auch auf der Europatournee 2003 begleitete. Vom Konzert in Tilburg gibt es eine DVD-Aufzeichnung, die sehr gelungen ist. Und das beste daran: in den Specials sind einige bekannte Menschen zu entdecken. :-)
Später folgten weitere Alben, die sich jeweils mit biblischen Themen auseinander setzten. Darüber hinaus trat Morse immer wieder im Rahmen von Gottesdiensten auf und veröffentlichte viele Sonder-CDs (z.B. ein Weihnachsalbum, diverse Worshipplatten), die teils ausschließlich über seinen Fanclub 'Inner Circle' erhältlich waren. Von Fanseite aus wurde Morse' Wandlung zum christlichen Glauben und vor allem sein Umgang damit zwiespältig aufgenommen. Einige reagierten enttäuscht und kritisierten die 'seichten Texte' und dass der alte fröhliche Neal auf der Bühne nicht mehr existiere, andere lobten seinen 'mutigen und schwierigen Schritt' und seinen ehrlichen Umgang mit den Fans. Ich denke jeder muss selbst wissen, ob er mit den neuen Texten klar kommt oder nicht.
Künstlerisch gesehen stagniert Morse meiner Meinung nach derzeit etwas. Seine letzten Alben sind zwar alle auf hohem Niveau, es stellt sich aber immer wieder ein 'schon-mal-irgendwo-gehört-Effekt' ein. Manches Mal scheint Neal ein kreativer Partner zu fehlen, mit dem er seine Ideen austauschen und in alter Brillianz umsetzen kann. Über jeden Zweifel erhaben ist dagegen sein Einsatz für die Fans und seine Offenheit. Im eigenen Forum ist er regelmäßig zu Gast, nach Konzerten nimmt er sich viel Zeit für den Plausch mit den Konzertbesuchern und auch für Benefizaktionen wie das Tsunami Projekt oder das The Bearded's Project ist er zu haben.
 
band
Genre:
Progressive Rock, Rock, Pop
Zeitrahmen:
1992 - heute
Bandmitglieder:
Neal Morse (Vocals, Gitarre, Keyboards), häufig begleitet von Mike Portnoy (Schlagzeug) und Randy George (Bass)
Albentipps:
It's Not Too Late, Testimony
DVD-Tipps:
es gibt nur eine, aber die ist klasse: Testimony Live
Foto: ©2003 Volker Wagner.
Text: © Michael Hanselmann, letzte Änderung: 17.12.06.